Startläufer bei der Tiomila? Check!
Highlight für alle schwedischen Vereine ist die im April stattfindende Tiomila. Start dieser 10er Staffel ist Samstagabend bei Sonnenuntergang und die ganze Nacht über ist jeweils ein Läufer eines jedes Teams im Wald. Zieleinlauf des Schlussläufers des schnellsten Teams ist Sonntagfrüh (~7.30h). Alle skandinavischen Vereine versuchen möglichst starke Teams an den Start zu stellen und darum sind die besten Orientierungsläufer aus der ganzen Welt am Start, sozusagen eine Art Champions-League des Orientierungslaufes. Die 10 Strecken unterscheiden sich in ihrer Charakteristik (lang, kurz, verdammt lang, Tag, Dämmerung, Nacht, gegabelt, ungegabelt,...). Die Teamaufstellungen beschäftigen die Verantwortlichen den ganzen Winter: Wer ist gut in Form? Wer ist sicher in der Nacht? Wer fühlt sich auf einer kurzen technischen Strecke am Tag wohler als auf einer langen Nachtstrecke? Wer läuft die lange Nacht (4.Strecke, 17.7km Luftlinie ungegabelt in der Nacht, besonders beliebt)? Wer übersteht die Startstrecke gut? Wer ist der beste Schlussläufer? usw.
Da die Tiomila heuer in Skane war, dem Heimatbundesland meines schwedischen Vereins OK Pan Kristianstad, war dieses Event ein besonders großes Ziel für uns. Nachdem unser erstes Damenteam mit einem 7.Platz mit nur 3.5min Rückstand auf die Siegerinnen nach 5 Läuferinnen und 4h Laufzeit ordentlich vorgelegt hatte, wurde es für uns Herren und besonders für mich mit fortschreitenden Samstagnachmittag ernst. Ich durfte die Startstrecke im 2.Team laufen, was mich sehr gefreut hat und die Enttäuschung, dass es nicht ganz fürs 1er Team gereicht hat, ziemlich wettgemacht hat. So stand ich am Samstag, den 27.4.2019, kurz vor 20.30h mit gut 300 anderen Startläufern mit Stirnlampe am Kopf, Reservelampe am Rücken und Ersatzkompass in der Hosentasche im Massenstart der Tiomila und lauschte dem Countdown. Tiomila-like natürlich im Regen. Als der Startschuss fiel, ging (leicht untertrieben) so richtig die Post ab. Grundsätzlich sprinten da alle einmal wie gestört los um möglichst weit vorne im Packerl beim Startpunkt zu sein. Je höher die Startnummer desto mehr Zeit verliert man zwangsläufig, weil zu Beginn einfach der Wald verstopft ist. Mit fortschreitender Renndauer wird das besser, ganz alleine im Finstern ist man aber praktisch nie.
Der Lauf selbst war ein einzigartiges Erlebnis. Ganz alleine orientieren musste ich nur 2-3 Posten, als ich plötzlich niemanden, der meine Posten anlaufen musste, mehr um mich hatte. Ansonsten gilt es die richtigen Gabeln zu treffen, fehlerfrei zu bleiben und Gas zu geben. Den Zieleinlauf konnte ich richtig genießen und diese Rückkehr aus dem nassen schwedischen Wald in die riesige Zielarena von der Startstrecke der Tiomila war einer der besten Momente in meiner bisherigen OL-Karriere. Mit meinem Lauf bin ich zufrieden (ganz fehlerfrei bleibt man praktisch nie) und da ich auf dem 99.Platz übergeben konnte, habe ich auch mein Top-100-Ziel erreichen. Da ich tendenziell die längeren Gabelposten hatte, war es eine gute Leistung. Schlussendlich hat es mein Team auf dem 69.Platz (von über 300 Staffeln) geschafft und damit waren wir ungefähr das zehntbeste 2er Team. Eine tolle Leistung! Unser 1.Team ist 22ter geworden, nicht ganz so weit vorne, wie wir gehofft hatten. Die Leistungsdichte ist enorm und wenn nicht alles ideal läuft, verliert man schnell den Anschluss an die Spitzenteams.
Die Startstrecke der Tiomila zu laufen war für mich ein unvergessliches, einzigartiges und richtig supergeiles OL-Erlebnis. Ich freue mich schon auf meine nächste Tiomila!
Impressionen:
GPS-Tracking (meine Gabeln BEFIJM): http://www.tulospalvelu.fi/gps/2019042710MILAH1/
Fernsehübertragung: https://www.youtube.com/watch?v=ctsbfs1E5dA
Startschuss um 2:44:48, Franzi verfolgt vom Kameraläufer 2:50:33 (Buckel = Reservelampe), Franzi beim ersten Zwischenzeitposten 3:02:35